Wie wirkt sich das Thema Inklusion auf den Arbeitsplatz aus? Was müssen Unternehmen beachten, wenn ihnen eine inklusive Arbeitsumgebung wichtig ist?
Samia Tömen, Head of Workplace Strategy DACH (rechts im Bild):
Wer als Unternehmen die erfolgreiche Inklusion einzelner Nutzergruppen fördern möchte, muss die Gestaltung des gesamten Arbeitsumfeldes konsequent inklusiv gestalten. Die Arbeitsumgebung sollte nicht mit Sonderlösungen am Rande der Räumlichkeiten oder im Keller auf die Bedarfe einzelner Gruppen ausgelegt sein (das kennen wir ja leider häufig vom barrierefreien WC), denn damit schafft man eher Ausgrenzung. Stattdessen sollte allgemein eine holistisch integrative Kultur gefördert werden, die gleiche Chancen und Unterstützung für alle Nutzergruppen bietet.
Vielfalt und Flexibilität sind hier essenziell. Wenn wir unterschiedliche Hintergründe, Lebenssituationen und Arbeitsmodelle aufzeigen, werden auch die daraus resultierenden unterschiedlichen Bedürfnisse sichtbar. Wenn wir diese Vielfalt auch in unserer Unternehmenskultur widerspiegeln und leben, wächst auch die Flexibilität in den Köpfen und damit die Akzeptanz. Idealerweise wird dann aus Akzeptanz eine Selbstverständlichkeit.
Auch die physische Umgebung im Büro muss die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Mitarbeiter berücksichtigen. So sollten Möbel beispielsweise nicht per se auf die Durchschnittsgröße eines Mannes ausgelegt sein (ein interessantes Buch, das dieses Thema behandelt, ist "Unsichtbare Frauen" von Caroline Criado-Perez). Stattdessen sollten elektrisch höhenverstellbare Schreibtische inklusive schwenkbarer Monitore zum Standard werden. Genauso wie individuell anpassbare Tisch- und Stuhlhöhen in informellen Sitzecken oder Kantinen- und Essbereichen.
Die Schaffung eines inklusiven Büros erfordert außerdem eine umfassende Diversity-Strategie, die über Barrierefreiheit hinausgeht. Räume und angebotene Dienstleistungen müssen die Bedürfnisse aller Mitarbeiter berücksichtigen. So sollte es Orte geben, die gleichermaßen diskret und leicht zugänglich sind und sowohl für Meetings, aber auch für Ruhe- und Stillpausen oder Meditation genutzt werden können. Die Integration von Eltern-Kind-Räumen und einer Inhouse-Betreuung ist zudem ein großer Benefit, der es beiden Elternteilen ermöglicht, gleichermaßen zu arbeiten. Dies muss nicht zwangsläufig zu hohen Kosten oder einem großen Platzbedarf führen – Multifunktionalität ist hier das Stichwort. Was auch oft vergessen wird, sind beispielsweise medizinische Besonderheiten bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, für die manchmal unter anderem hygienische Waschmöglichkeiten und Privatsphäre ermöglicht werden müssen.
Gleichberechtigung entsteht auch über die aktive Einbindung aller rund um die Entscheidungen zum Arbeitsplatz – unternehmensweite Umfragen und Evaluationen dazu sollten zum Standard gehören.