- Flächenumsatz mit 305.100 Quadratmetern im ersten Halbjahr so gering wie seit 2013 nicht mehr
- Flächenumsatz im zweiten Quartal durch eine Großanmietung der Deutschen Rentenversicherung besser als erwartet
- Nominale Spitzenmiete bleibt stabil bei 40,00 Euro pro Quadratmeter und Monat, Durchschnittsmiete steigt auf 27,50 Euro – Incentives nehmen zu
- Spürbarer Anstieg kurzfristig verfügbarer Flächen – Leerstandsquote steigt auf 2,0 Prozent
- Suchanfragen nehmen wieder zu
- Jahresausblick bleibt trüb durch wirtschaftliche Unsicherheit, fehlendes Beschäftigungswachstum und momentan umfangreiche Nutzung des Homeoffice
Der Flächenumsatz auf dem Berliner Bürovermietungsmarkt summierte sich laut Analysen der international tätigen Immobilienberatung Cushman & Wakefield im ersten Halbjahr 2020 auf lediglich 305.100 Quadratmeter. Damit fällt dieser 27 Prozent geringer aus als im Vorjahreszeitraum und ist damit so schwach wie seit Mitte 2013 nicht mehr. Das zweite Quartal war trotz der krisenbedingten Zurückhaltung der Unternehmen mit 175.400 Quadratmetern das umsatzstärkere der beiden bisherigen Quartale. Getragen wurde das Ergebnis im zweiten Quartal zu 63 Prozent durch Anmietungen aus dem öffentlichen Sektor, allen voran durch eine Großanmietung über 84.300 Quadratmeter durch die Deutsche Rentenversicherung. Der Leerstand beginnt zu steigen, bleibt aber auf einem sehr niedrigen Niveau. Auch für den Rest des Jahres werden ein gedämpfter Umsatz und ein weiter moderat steigender Leerstand erwartet.
Geringster Halbjahresumsatz seit 2013: öffentlicher Sektor verhindert noch stärkeren Einbruch
Das erste Halbjahr 2020 erreichte einen Büroflächenumsatz von 305.100 Quadratmetern. Das sind 110.700 Quadratmeter oder 27 Prozent weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum und 22 Prozent weniger als im Mittel der letzten fünf Jahre. Man muss in der Zeitreihe bis in das Jahr 2013 zurückgehen, um eine schwächere erste Jahreshälfte für den Flächenumsatz zu finden. Das zweite Quartal war mit 175.400 Quadratmetern zwar trotz der Corona-Krise das stärkere Quartal des laufenden Jahres, allerdings machte eine einzige Anmietung durch die Deutsche Rentenversicherung im Umfang von 84.300 Quadratmetern fast die Hälfte des Quartalsumsatzes aus. Insgesamt war der öffentliche Sektor für 68 Prozent des Quartalsumsatzes verantwortlich. Auf andere Bereiche entfielen im zweiten Quartal folglich nur 64.900 Quadratmeter Umsatz.
Dies zeigt eindrucksvoll das Ausmaß der ersten Schockphase der Corona-Krise auf die Anmietungsaktivitäten von Unternehmen aus der freien Wirtschaft. Direkt nach der Einführung der Einschränkungen für den Wirtschaftsbetrieb brachen viele Unternehmen ihre Suchprozesse wegen der Unsicherheit ab oder legten diese für unbestimmte Zeit auf Eis.
Die Nachfrage ging zunächst vor allem im Segment kleiner Flächen zurück. Die Suchprozesse sind hier kürzer und erfordern weniger Vorleistungen, weshalb diese auch schneller abgebrochen werden können. Außerdem werden kleinere Unternehmen in Wirtschaftskrisen in der Regel stärker getroffen. Unter anderem, weil sie geringere Rücklagen haben, um Krisen durchzustehen und sich für sie die Finanzierungsbedingungen am Kapitalmarkt am stärksten verschlechtern. Die deutlich nachlassende Nachfrage größerer Unternehmen folgte mit zeitlichem Abstand. Mittlerweile registrieren wir aber wieder mehr Anfragen im kleinen Segment, was ein positiver Frühindikator für die weitere Entwicklung des gesamten Marktes sein könnte. In Wirtschaftskrisen sind die Bereiche, die als erstes getroffen werden, in der Regel auch die Bereiche, die im Aufschwung als erstes wieder eine positive Entwicklung zeigen.
Leerstand steigt, bleibt aber auf niedrigem Niveau
Im Verlauf des zweiten Quartals war ein Anstieg des kurzfristig verfügbaren Flächenangebotes zu verzeichnen. Aktuell sind 374.600 Quadratmeter innerhalb von drei Monaten beziehbar. Mit 2,0 Prozent liegt die Leerstandsquote höher als im Vorquartal mit 1,6 Prozent und höher als ein Jahr zuvor mit 1,4 Prozent. Von der Krise besonders betroffene Unternehmen geben teilweise Flächen auf, entweder, indem sie bestehende Verträge auslaufen lassen, Flächen als Untermietflächen anbieten oder Flächen zurückgeben. Gleichzeitig erhöhte sich im zweiten Quartal der Leerstand leicht durch fertiggestellte, aber noch nicht vermietete Projektentwicklungen im Umfang von 17.100 Quadratmetern. Bei einer Vorvermietungsquote von 86 Prozent werden immerhin 44.800 Quadratmeter noch verfügbare Flächen zusätzlich bis zum Jahresende bezugsfertig. Angesichts der aktuellen Nachfragesituation ist nicht auszuschließen, dass ein Teil dieser Flächen bis Jahresende zusätzlich zum Leerstand hinzukommen wird.
Der Leerstand in Berlin ist räumlich ungleichmäßig verteilt. In den zentralen Bürolagen befinden sich 120.100 Quadratmeter, also nur 32 Prozent des Leerstands. Innerhalb des S-Bahn-Rings sind es mit 196.200 Quadratmetern schon etwas mehr als die Hälfte.
Insgesamt liegt der Berliner Büromarkt im Vergleich zu anderen Märkten im In- und Ausland beim Leerstand aber weiter auf sehr niedrigem Niveau. Auch der erwartete zusätzliche moderate Anstieg des Leerstands wird daran nichts ändern.
Spitzenmiete unverändert, Durchschnittsmiete trotz Krise gestiegen
Bei der nachhaltig erzielbaren Spitzenmiete konnte angesichts der veränderten Nachfragesituation keine weitere Steigerung registriert werden. Die Spitzenmiete verbleibt damit bei 40 Euro pro Quadratmeter und Monat. Im Vorjahresvergleich entspricht dies einem Plus von acht Prozent. Die für die letzten zwölf Monate flächengewichtete Durchschnittsmiete wuchs im Vergleich zum Vorquartal dagegen abermals und zwar um drei Prozent oder 70 Cent auf 27,50 Euro pro Quadratmeter und Monat. Sie konnte im Vergleich zum Vorjahreswert um 18 Prozent zulegen. Selbst bei einer Berechnung der Durchschnittsmiete nur für die Neuanmietungen im von der Corona-Krise stark betroffenen zweiten Quartal 2020 ließ sich keine marktbreite negative Preisentwicklung feststellen. Incentives, wie mietfreie Zeiten, die in Berlin lange Zeit kaum gewährt wurden, werden allerdings etwas häufiger vereinbart, was die Effektivmieten stellenweise sinken lässt.
Bauvolumen auf Rekordniveau
Im ersten Halbjahr 2020 wurden 123.300 Quadratmeter an Neubau- und Kernsanierungsflächen fertiggestellt, 16 Prozent mehr als vor einem Jahr. Das Gros der für 2020 erwarteten Neubau- und Kernsanierungsflächen wird mit 362.200 Quadratmetern erst für die zweite Jahreshälfte erwartet.
Momentan befinden sich in Berlin 1,85 Millionen Quadratmeter an Büroflächen in Projektentwicklungen im Bau. Das sind 35 Prozent mehr als Mitte 2019. Davon stehen 772.000 Quadratmeter noch für Mietinteressenten zur Verfügung.
Für die Jahre nach 2020 werden Rekorde bei den Fertigstellungen erwartet. Von den im Bau befindlichen Flächen sind allein 743.800 Quadratmeter mit der Fertigstellung für 2021 terminiert. Für 2022 sind insgesamt 874.600 Quadratmeter geplant, 797.400 Quadratmeter für 2023. Allerdings sind für diese Jahre erst 532.800 Quadratmeter beziehungsweise 200.800 Quadratmeter in Bau. Angesichts der derzeitigen Unsicherheit über die weitere Entwicklung des Marktes ist davon auszugehen, dass es bei Projekten, die noch keine Vorvermietung verzeichnen, insbesondere in weniger zentralen Lagen eine Zurückhaltung bei der Finanzierung und ein vorsichtiges Abwarten beim Baustart geben wird.
Ausmaß der Wirtschaftserholung und Trend zum Homeoffice bestimmen weitere Entwicklung
Die Lockerungen bei den Einschränkungen des Wirtschaftsbetriebs sorgen für zunehmende ökonomische Aktivität. Abzuwarten bleibt, wie schnell und in welchem Umfang Büroflächennutzer ihre Umzugs- oder Expansionspläne wieder aufnehmen.
Hinzu kommt, dass in den Unternehmen aktuell viele Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten und damit erstmals umfangreiche Erfahrungen gesammelt haben. Die Nutzung des Homeoffice wird auch nach der Aufhebung sämtlicher staatlicher Einschränkungen auf einem höheren Niveau bleiben als vor der Krise. Unklar ist bisher, wie viele Mitarbeiter wie häufig das Homeoffice nutzen werden und wie viele Arbeitsplätze in den Büroflächen vorgehalten werden müssen. Hierbei ist auch zu bedenken, dass die Einsetzbarkeit und die Einstellung zum Homeoffice stark zwischen Branchen, Abteilungen und einzelnen Mitarbeitern variiert. Schon jetzt ist aber absehbar, dass Büroarbeitsplätze in Zukunft flexibler genutzt werden müssen. Ein Mehr an Homeoffice hat einen strukturell negativen Effekt auf den Büroflächenbedarf. Gleichzeitig besteht momentan und auf unabsehbare Zeit aber die Notwendigkeit, in Büros die Mindestabstände zwischen Mitarbeitern einzuhalten, was prinzipiell mehr Fläche pro Mitarbeiter erfordert. Die Effekte wirken also entgegengesetzt und die Veränderung dieser Effekte im Zeitablauf wird den zukünftigen Büroflächenumsatz beeinflussen.
„Die grundsätzliche Bedeutung des Büros bleibt erhalten“, betont Kathrin Hellwig, Leiterin der Bürovermietung bei Cushman & Wakefield in Berlin. „Büros bieten wertvolle Vorteile, wie besseres Teambuilding, die persönliche Kommunikation von Angesicht zu Angesicht und den für Innovationsprozesse sehr wichtigen ungeplanten Austausch von Ideen und Informationen durch räumliche Nähe zu anderen Mitarbeitern sowie Unternehmen und Einrichtungen in und um den Arbeitsplatz. Firmen mit ansprechenden Büros, die den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter gerecht werden, haben damit auch in der Zukunft Produktivitäts- und Wettbewerbsvorteile“, schlussfolgert Kathrin Hellwig.