Die internationale Immobilienberatung Cushman & Wakefield (C & W) veröffentlicht eine Studie zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den deutschen Büromarkt. Im Fokus steht dabei die Angebotsseite. Die Experten untersuchten dafür die TOP-5-Städte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg sowie München. Der Bericht analysiert den Status quo und die Entwicklung nach dem Lockdown mit Blick auf Untermietflächen, Mietanreize und Projektentwicklungen sowie die Situation in der Flex Space-Branche.
Der deutsche Büromarkt steht trotz der Pandemie besser da als teils verlautbart – zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Wie wirkt sich Corona auf den deutschen Büroimmobilienmarkt aus?“. Die Autoren Helge Zahrnt, Head of Research & Insight bei C & W Germany, und Christian Lanfer, Head of Office Agency bei C & W Germany, beobachten, dass im Zuge des Lockdowns der Büroflächenumsatz einbrach und Mitarbeiter ins Homeoffice wechselten. Gleichzeitig steht jedoch fest: „Das Büro wird seine zentrale Rolle als Arbeits- und Kommunikationsort behalten.“ Laut den Studienautoren wirkt die Pandemie als Katalysator für ein hybrides Arbeitsmodell, bei dem Homeoffice eine größere Rolle spielen wird.
Immer mehr Untermietflächen: Corona nur einer der Gründe
Helge Zahrnt beobachtet eine Angebotssteigerung an Untermietflächen: „Ende August 2020 gab es in den TOP-5-Städten 290.000 m² Untermietflächen – davon 85 % mit Flächen ab 1.000 m². Rund 110.000 m² (38 %) wurden aufgrund der Pandemie beziehungsweise ihrer Folgen angeboten. Der Großteil (62 %) jedoch nicht. Das ergab eine Befragung von Vermietern.“ Die Gründe für die verstärkte Untervermietung sind vielschichtig, darunter Veränderungen der Arbeitswelt, Insolvenzen, ein frühzeitiger Umzug in neue Flächen, gestrichene Umzüge oder verzögerte Einzüge. Corona hat bei diesen einzelnen Gründen mal mehr mal weniger direkten Einfluss.
Der Anteil der Untermietflächen an der Leerstandsquote (2. Quartal 2020: 3,9 %) liegt bei gut einem halben Prozentpunkt. Die Immobilienexperten rechnen mit einer Steigerung des Untermietflächen-Angebots bis Ende dieses Jahres auf rund 500.000 m². Zum Vergleich: Während der Dotcom-Krise lag der Höchststand solcher Flächen bei fast einer Million m².
Untermietflächen: regionale und branchenabhängige Unterschiede
In München (87.000 m²) und Frankfurt (80.000 m²) werden derzeit die meisten Untermietflächen angeboten. Berlin und Hamburg verfügen mit jeweils knapp unter 50 % über die höchsten Anteile an coronabedingten Untermietflächen. Die Transport-Branche (85 %), Medien-Branche (70 %) sowie die Versicherungen (70 %) gaben am häufigsten Corona als Grund für das Anbieten von Untermietflächen an.
Flex Space-Branche hart durch Pandemie getroffen
Flex Space-Anbieter, wie WeWork, Design Offices oder Spaces, wiesen in den vergangenen Jahren ein sehr starkes Wachstum auf. Aufgrund der Pandemie erlitten die Betreiber jedoch herbe Einschnitte. Der Grund: Kunden blieben im Homeoffice und die Flächennachfrage ging zurück. Seit Spätsommer erhöht sich die Nachfrage nach Flex Spaces aber wieder. Dennoch bieten auch Flex Space-Betreiber verstärkt Untermietflächen an mit derzeit 12.000 m². Das entspricht knapp unter zwei Prozent des gesamten verfügbaren Bestands der Betreiber. Christian Lanfer rechnet auch hier mit einem weiteren Anstieg der angebotenen Untermietflächen. „Allgemein gehen wir für 2021 jedoch von einer verhalten positiven Entwicklung in der Flex Space-Branche aus, vorausgesetzt es kommt zu keinem weiteren Lockdown. Die vorherrschende Unsicherheit im Markt erhöht generell den Bedarf der Nutzer an Flexibilität und kommt somit den Betreibern zu Gute.“
Corona als Treiber für Mietanreize
Die Immobilienexperten von C & W beobachten, dass Vermieter ihre Mietanreize im Sommer 2020 erhöhten – auf durchschnittlich 2,2 mietfreie Monate (3,7 %) in Toplagen und 3,4 Monate (5,7 %) in dezentralen Lagen. Corona führt hier zu zwei Reaktionen: Mietanreize sollen der coronabedingten Nachfrageschwäche entgegenwirken und Mietanreize werden zum Teil als Corona-Hilfe bei Vertragsverlängerungen gewährt. Bis Ende des Jahres erwarten die Studienautoren im Durchschnitt eine Erhöhung um einen halben Monat (Toplagen) und einen Monat (dezentrale Lagen). Regional betrachtet: Berlin, Düsseldorf und München weisen mit rund ein bis zwei Monatsmieten in Top-Lagen die geringsten Mietanreize auf. Der Büromarkt im Münchner Umland wird laut den Immobilienexperten bis Jahresende bis zu sechs Monatsmieten spendieren.
Pandemie stoppt derzeit nur vereinzelt Projekte, die sich noch nicht im Bau befinden
Die Beobachtungen der Studienautoren zeichnen folgendes Bild: „8 % (565.000 m²) der Gesamt-Projektentwicklungen (7,4 Mio. m²) mit Fertigstellungstermin bis 2023 verzögern sich. Davon ist nur die Hälfte coronabedingt“, erläutert Zahrnt. Der Experte gibt bei im Bau befindlichen Projekte Entwarnung. Diese werden weitergebaut. Das Resümee: Die Verzögerungen – von wenigen Monaten bis zur vorrübergehenden oder kompletten Einstellung – betreffen zum Großteil Projekte, die sich nicht im Bau befinden.
In Düsseldorf sowie Frankfurt am Main zeigen sich keine signifikanten Verschiebungen bei Projekten. In Hamburg und Berlin ist dies vereinzelt der Fall. In München könnten sich bis zu 8 % der Projektentwicklungen coronabedingt verzögern – das entspricht rund 140.000 m² bis 2023.
Corona-Krise bietet Nutzern Wahlmöglichkeiten, stellt sie aber auch vor große Herausforderungen
Als Fazit halten Helge Zahrnt, Head of Research & Insight bei C & W Germany, und Christian Lanfer, Head of Office Agency bei C & W Germany fest: „Die bisherigen Auswirkungen von Corona auf die Angebotsseite des Büroimmobilienmarktes sind leicht bis mäßig.“ Marktstabilisierend wirkt laut den Autoren, dass die 10-jährige Boomphase vor der Pandemie zu starken Leerstandsrückgängen geführt hat. Dies sorgte für eine gewisse Entspannung auf der Angebotsseite. Das zunehmende Angebot an Untermietflächen und die hohe Zahl an Projektentwicklungen eröffne den Nutzern von Büroflächen wieder neue Wahlmöglichkeiten. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Unsicherheit im Markt müssen Nutzer ihren Flächenbedarf überdenken: Weniger Fläche, mehr Fläche, andere Fläche. Corona wirkt hier als Beschleuniger für neue Arbeitsmodelle.