Für die ersten drei Quartale 2022 registrierte die international tätige Immobilienberatung Cushman & Wakefield in Berlin gewerbliche Immobilientransaktionen mit einem Volumen von 5,92 Mrd. EUR. Im Vorjahresvergleich sind das 12 Prozent weniger und im Vergleich zum 5-Jahresdurchschnitt 8 Prozent weniger. Das Transaktionsvolumen war im 3. Quartal mit 2,14 Mrd. EUR etwas höher als in den vorangegangen beiden.
Großtransaktionen prägen Marktgeschehen
Das Transaktionsvolumen wurde im laufenden Jahr durch Großtransaktionen über 100 Mio. EUR bestimmt. 16 Objekte zu insgesamt gut 3,8 Mrd. EUR wechselten bis zum Ende des 3. Quartals den Eigentümer. Portfolio-Transaktionen spielten eine untergeordnete Rolle. Auf sie entfielen 940 Mio. EUR beziehungsweise 16 Prozent des Gesamtvolumens der ersten neun Monate 2022. Die Nachfrage aus dem Ausland nach Gewerbeimmobilien in Berlin war weiterhin hoch. Der Anteil ausländischen Kapitals lag bei 61 Prozent.
„Bei einigen der größten Transaktionen handelte es sich allerdings um nicht-gewöhnliche Ankaufprozesse, die darüber hinwegtäuschen, dass sich der Markt aktuell in einer schwierigen Situation befindet. So waren zum Beispiel Käufer aktiv, die aufgrund von Auflagen nur in sehr ausgewählten Lagen und dort nur spezielle Produkte kaufen konnten und daher ein besonderes Kaufinteresse hatten“, stellt Clemens von Arnim, Head of Capital Markets Berlin bei Cushman & Wakefield, klar.
Büroimmobilien sorgen für größten Umsatz
Mit 2,85 Mrd. EUR und einem Anteil von 48 Prozent am Gesamttransaktionsvolumen waren Büroimmobilien im ersten Dreivierteljahr wieder die umsatzstärkste Asset-Klasse. Sieben Transaktionen lagen über der 100-Millionen-EUR-Marke. Die zwei größten Bürotransaktionen fanden im 3. Quartal statt, verkauft wurden das „Voltair“ und der „TechnoCampus Berlin“.
Mischgenutzte Immobilien erzielten ein Volumen von knapp 1,8 Mrd. EUR. Darunter befindet sich die größte Transaktion des laufenden Jahres, der Verkauf von 50 Prozent des „Sony Centers“ für 677 Mio. EUR aus dem 2. Quartal an Norges. Für das 3. Quartal sind insbesondere die Veräußerungen des „QH Core“ und des „QH Spring“ zu nennen, welche zusammen für 456 Mio. EUR den Eigentümer wechselten.
Trotz stark gestiegener Finanzierungszinsen und Baukosten sowie der wirtschaftlichen Unsicherheit waren gewerbliche Grundstücke in der Hauptstadt gefragt und erzielten Erlöse von 575 Mio. EUR.
Logistik- und Industrieimmobilien erzielten mit 365 Mio. EUR und 6 Prozent Umsatzanteil ein etwas schwächeres Ergebnis als im Vorjahreszeitraum (500 Mio. EUR, 7 Prozent). Handelsimmobilien spielten mit 130 Mio. EUR und 2 Prozent Umsatzanteil kaum eine Rolle.
Zinsanstieg noch nicht komplett in den Renditen eingepreist
Aktuell beträgt die Bürospitzenrendite 3,20 Prozent und liegt damit im Vorjahresvergleich 60 Basispunkte höher. Begonnen hat der Anstieg im 2. Quartal mit 25 Basispunkten und setzte sich nun im 3. Quartal mit einem kräftigen Anstieg um 35 Basispunkte fort. Bis zum Jahresende geht C&W von einem weiteren Renditeanstieg aus, da das aktuelle Niveau der Finanzierungszinssätze noch nicht vollständig eingepreist ist.
Die Spitzenrendite für Logistikimmobilien stieg ebenfalls deutlich und beträgt aktuell 3,60 Prozent, was 50 Basispunkte mehr sind als im Vorquartal und wieder dem Niveau des Vorjahreszeitraums entspricht.
Bei innerstädtischen Geschäftshäusern in 1A-Lagen fiel der Anstieg geringer aus. Die Spitzenrendite liegt hier mit 3,40 Prozent nur 10 Basispunkte über dem Vorquartal und noch 5 Basispunkte niedriger als im 3. Quartal 2021.
Clemens von Arnim erläutert: „Zwar sind die Bürorenditen bereits kräftig gestiegen, jedoch ist der Spread zur 10-jährigen Bundesanleihe trotzdem sehr niedrig. Beim aktuellen Niveau der Anleiherenditen von über 2 Prozent und einer Bürospitzenrendite von 3,20 Prozent, ist die Risikoprämie nur noch knapp über 100 Basispunkte und damit für viele Investoren nicht attraktiv. Solch niedrige Spreads sehen wir nur in Krisenzeiten, zuletzt 2008 und Anfang der 2000er Jahre. Um das Transaktionsvolumen wieder deutlich anzukurbeln, bräuchte es stabilere Verhältnisse bei den makroökonomischen Faktoren: Inflation, Wirtschaftswachstum, Staatsanleihen, Finanzierungszinsen."
Investoreninteresse an Core-Objekten lässt nach
Core-Immobilien waren mit 33 Prozent das umsatzstärkste Segment, auch wenn dessen Anteil im Vorjahresvergleich um 8 Prozentpunkte gesunken ist. Diese Risikoklasse hat wegen der gestiegenen Finanzierungszinsen bei immer noch geringen Mietrenditen deutlicher als andere an Attraktivität bei Investoren verloren, die sich aufgrund des schwierigen Preisfindungsprozesses hier zunehmend abwartend verhalten. Value-add-Objekte hatten einen Umsatzanteil von 25 Prozent, gefolgt von Core+ mit 21 Prozent und Opportunistic mit 17 Prozent.
Jahresendrallye fällt aus
C&W erwartet im 4. Quartal keine Jahresendrallye. Die aktuellen Energie- und Inflationsprobleme lassen erwarten, dass sich die Finanzierungsbedingungen nicht zeitnah verbessern werden und sich das Transaktionsvolumen daher im nächsten Jahr deutlich reduzieren wird.