Im 4. Quartal 2022 wurde nach Untersuchungen der international tätigen Immobilienberatung Cushman & Wakefield auf dem deutschen Investmentmarkt für gewerblich genutzte Immobilien ein Transaktionsvolumen von 11,5 Mrd. Euro erzielt. Das sind circa 9 Prozent weniger als im Vorquartal. Der Gesamtjahreswert 2022 von rund 51,7 Mrd. Euro liegt 14 Prozent unter dem Vorjahreswert 2021 und ist das schwächste Ergebnis seit 2015.
Zinswende und Ukrainekrieg drücken auf die Stimmung
Mit der seit Frühjahr 2022 erwarteten und im Sommer dann erfolgten Zinswende der EZB kam die hohe Verkaufsdynamik der vergangenen Jahre deutlich ins Stocken. Die Preisfindung für Immobilien, insbesondere bei Core-Objekten, ist seitdem eine Herausforderung, da die Markteilnehmer weitere Zinsanstiege erwarten.
Darüber hinaus hat der Krieg in der Ukraine die deutsche Wirtschaft aufgrund ihrer hohen Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen besonders stark getroffen und zu Rezessionsängsten geführt. Auch wenn der für 2023 prognostizierte Rückgang der Wirtschaftsleistung schwächer als ursprünglich erwartet ausfallen wird, geht C&W davon aus, dass für 2023 zahlreiche Investitionen überdacht, neu bewertet und letztendlich verschoben werden.
„2023 werden wir vermutlich ein Transaktionsvolumen von deutlich unter 50 Milliarden Euro sehen. Vor allem das erste Halbjahr wird noch von Unsicherheit und Zurückhaltung geprägt sein. Bis spätestens zur Jahresmitte sollten dann aber ein solider Zinskorridor und das Vertrauen in eine positive Wirtschaftsentwicklung den Markt wieder beflügeln. Allerdings wird man sich von den bis Anfang 2022 erzielten Exit-Preisen verabschieden müssen. Die fetten Jahre sind erst einmal vorbei“, stellt Alexander Kropf, Head of Capital Markets bei Cushman & Wakefield in Deutschland, klar.
Renditen steigen weiter
Nach dem 2. und 3. Quartal 2022 wurden die Spitzenrenditen für alle Nutzungsarten im 4. Quartal erneut nach oben angepasst. Zum Jahresende lagen die Mittelwerte bei 3,51 Prozent für Büroobjekte (+28 Basispunkte), für Geschäftshäuser bei 3,60 Prozent (+12 Basispunkte) und für Logistikimmobilien bei 4,00 Prozent (+39 Basispunkte) höher als Ende September 2022. Die mittlere Spitzenrendite für Büros ist damit so hoch wie seit Mitte 2017 nicht mehr.
München ist mit einer Spitzenrendite von 3,30 Prozent der teuerste Büromarkt, gefolgt von Frankfurt und Hamburg (jeweils 3,35 Prozent), Düsseldorf (3,50 %) und Berlin (3,60 Prozent). Bei Geschäftshäusern sind München und Düsseldorf mit Werten von jeweils 3,20 Prozent die teuersten Märkte. Logistikobjekte notieren in allen sieben Top-Regionen auf demselben Niveau (4,00 Prozent). C&W rechnet damit, dass sich der Renditeanstieg in den nächsten Monaten fortsetzt.
Büro- und Logistikobjekte vereinen mehr als die Hälfte des Transaktionsvolumens
Büroobjekte standen unvermindert an erster Stelle des Investoreninteresse. Sie trugen 40 Prozent (20,4 Mrd. Euro) zum gesamten Umsatzvolumen mit Gewerbeimmobilien bei. An zweiter Stelle folgen Logistik- und Industrieimmobilien mit einem Anteil von 18 Prozent (9,3 Mrd. Euro).
Während der Bürosektor im Vorjahresvergleich einen Umsatzrückgang von circa 27 Prozent verbuchte, stieg das Transaktionsvolumen mit Logistik und Industrieimmobilien um 4 Prozent. Beide Assetklassen profitierten vor allem von einem starken 1. Quartal, in dem circa 47 Prozent des Büroumsatzes und circa 42 Prozent des Industrie- und Logistikumsatzes realisiert wurden.
Handelsimmobilien sorgten für einen Transaktionsumsatz von 7,9 Mrd. Euro und einen Anteil am Gesamtergebnis von 15 Prozent. Dank eines Großdeals im 3. Quartal stieg der Umsatz gegenüber 2021 um 9,5 Prozent.
Mit einem im Jahresergebnis von 5,8 Mrd. Euro und einem Anteil von 11 Prozent rangieren mischgenutzte Objekte auf Platz vier und erzielten mit einem Plus von 15 Prozent den höchsten Umsatzanstieg. C&W führt das gestiegene Investoreninteresse vor allem auf eine höhere Risikostreuung der Investoren zurück.
Der Anteil von Hoteltransaktionen am Marktgeschehen betrug 4 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr gab das Investitionsvolumen um rund 22 Prozent auf 1,8 Mrd. Euro nach.
Die größte Portfolio-Transaktion 2022 war die Übernahme der alstria office REIT-AG durch die kanadische Brookfiel Asset Management für mehr als 4 Mrd. Euro, bei der Büroobjekte den Besitzer wechselten. Dahinter rangierte die Beteiligungsaufstockung an der Deutschen Euroshop AG und damit an den Shopping-Centern durch Oaktree und die Cura Vermögensverwaltung für deutlich über 1 Mrd. Euro.
Die größte Einzeltransaktion ist der Verkauf des Bürohochhauses „Marienturm“ in Frankfurt am Main. für über 800 Mio. Euro an DWS für NPS (Korea) gewesen. Dahinter folgten die Veräußerung des mischgenutzten Berliner „Sony Center“ (50 Prozent) für 677 Mio. Euro an NBIM (Norwegen) und die Akquisition von Teilen des „Quartier Heidestraße“ in Berlin durch Imfarr (Österreich) für circa 490 Mio. Euro.
Heimisches Kapital dominiert
Portfoliotransaktionen, zu denen auch Unternehmensbeteiligungen und Übernahmen gehören, waren mit 32 Prozent am Transaktionsvolumen beteiligt. Heimisches Kapital trug 57 Prozent zum Gesamtergebnis bei und damit ähnlich viel wie im Durchschnitt der vorangegangenen fünf Jahre.
Berlin umsatzstärkster Top-7-Markt
In den Top-7-Märkten wurden 2022 rund 26,7 Mrd. Euro investiert, was einem Anteil von 52 Prozent am Gesamtmarkttransaktionsvolumen entspricht. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum sank das Ergebnis um 22 Prozent.
Berlin führt das Ranking mit einem Volumen von 8,5 Mrd. Euro an. Es folgen mit deutlichem Abstand Frankfurt mit 4,6 Mrd. Euro, Hamburg mit 4,1 Mrd. Euro, München mit 3,7 Mrd. Euro und Düsseldorf mit 3,3 Mrd. Euro. Köln und Stuttgart liegen bei 1,3 und 1,2 Mrd. Euro. Nur Düsseldorf und Hamburg verzeichneten, nicht zuletzt dank hoher Anteile an Objekten aus der alstria-Übernahme, Umsatzsteigerungen im Vergleich zum Vorjahr. Die anderen Märkte blieben deutlich unter ihren Vorjahreswerten.