In den vergangenen Jahren war der deutsche Wohnungsmarkt durch einen steilen Aufwärtstrend geprägt. Selbst die Covid-19-Pandemie ab 2020 konnte die Wohnungsnachfrage nicht bremsen – weder auf Nutzer- noch auf Investorenseite. Doch mit Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation und Zinsanstieg kam 2022 die Wende: Investoren und Entwickler bremsten die Umsetzung von Projekten, Transaktionen gingen zurück, die Spitzenrendite stieg – zum Ende des 1. Quartals 2023 auf 3,4 Prozent, so die international tätige Immobilienberatung Cushman & Wakefield (C&W) in ihrem neuen Report „Wohnmarkt Deutschland 2023“.
Zahlen & Fakten
Einige Zahlen signalisieren die Bedeutung von Mietwohnungen in Deutschland. Von den 43 Mio. Wohnungen in ganz Deutschland sind 51 Prozent im Eigentum, 49 Prozent sind Mietwohnungen. Im übrigen Europa hingegen ist eine Wohneigentumsquote von durchschnittlich 69 Prozent vorhanden. Die geringe Bedeutung des Wohneigentums in Deutschland ist einerseits auf den sozialen Wohnungsbau seit dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen, andererseits auf das Mietrecht und das damit verbundene Konzept der Vergleichsmieten. Pro Haushalt leben in Deutschland durchschnittlich 1,94 Personen, mit abnehmender Tendenz, was zu steigendem Wohnungsbedarf in den strukturstarken Regionen führt. Ein weiterer Faktor: Europaweit fühlen sich 28 Prozent der Haushalte von den Wohnkosten überfordert, in Deutschland nur 18 Prozent. Fazit: Deutschland ist eine Nation von Mietern, der Bedarf steigt stetig.
Mietniveau in Regionen und Großstädten sehr unterschiedlich
Das Mietniveau in Deutschland variiert regional und ist in den Top-7-Städten (Berlin, München, Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart und Köln) am höchsten. Die Durchschnittsmieten steigen überall und unabhängig vom Gebäudealter – am stärksten in den deutschen Top-7-Städten und den dazugehörigen Ballungsräumen. Seit 2011 sind die Spitzenmieten um 49 bis 69 Prozent gestiegen. Durch mangelndes Angebot in den Metropolregionen und geringen Wohnungsneubau verlagert sich die Nachfrage vermehrt in die Speckgürtel der Metropolen. Die Bevölkerungsprognose bis 2035 zeigt auch deutliche Unterschiede zwischen den Regionen. So kämpfen die Bundesländer Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern mit sinkenden Bevölkerungszahlen.
Weniger Baufertigstellungen
Insgesamt steigt der Wohnungsbestand in Deutschland. Höhere Bau- und Verbraucherpreise verlangsamen jedoch die Fertigstellung bereits genehmigter Projekte. Darum kann der Bedarf vielerorts nicht gedeckt werden. In Berlin zum Beispiel gab es in der Zeitpanne 2011 bis 2021 rund 158.000 Baugenehmigungen, aber nur 91.000 Baufertigstellungen. Der Wohnraumbedarf insbesondere in den Top-7-Städten ist weiterhin nicht gedeckt. Deutschlands Dezentralität führt dazu, dass Bevölkerung und Haushalte unterschiedlich stark wachsen, entsprechend unterschiedlich auch die Prognosen zum Wohnungsbedarf – abhängig von Stadt, Land oder Region. Insgesamt erlaubt die Besonderheit Deutschlands innerhalb Europas, seine Dezentralität mit vielen wirtschaftlich starken Ballungsräumen, eine Risikoverteilung im Portfolioaufbau.
Sinkendes Transaktionsvolumen
Mit einem Transaktionsvolumen von rund 50 Mrd. Euro war 2021 ein absolutes Rekordjahr für den Wohnimmobilienmarkt in Deutschland. Die Spitzenrendite für Wohnen erreichte zum Jahresende einen neuen Tiefststand von knapp 2,3 Prozent. Die geopolitischen Einflüsse durch Ukraine-Krieg, steigende Zinsen, Energiekrise und hohe Inflation sowie die damit einhergehenden Unsicherheiten bremsen jedoch den Investmentmarkt. 2022 belief sich das Transaktionsvolumen auf nur noch etwa 10 Mrd. Euro, mit einem Anstieg der Spitzenrendite auf 2,75 Prozent. Im 1. Quartal 2023 lag das Transaktionsvolumen bei 1,5 Mrd. Euro, die Spitzenrendite stieg auf 3,4 Prozent.
ESG-Programme in der Umsetzung
Seit Veröffentlichung des EU-Aktionsplans „Financing Sustainable Growth“ steigt die ESG-Relevanz im Risikomanagement von Immobilienunternehmen stetig. Die deutsche Immobilienbranche ist längst in der Umsetzungsphase angelangt, was Berichtspflichten, veränderte Planung und Bewirtschaftung umfasst. Es gibt mehrere Regierungsprogramme, welche effizientes Bauen und die Sanierung von Bestandsgebäuden unterstützen. Beispiele sind die KfW-Förderprogramme für den Bau energieeffizienter Häuser und Wohnungen, der Wohngebäude-Kredit 261 mit bis zu 120.000 Euro Darlehen je Wohneinheit oder der neuen KfW-Förderkredit 297/298 „Klimafreundlicher Neubau – Wohngebäude“.
Deutschland – Europas sicherer Hafen
Die Risikoeinschätzung der Länder innerhalb Europas variiert deutlich. Deutschland erzielt dank seiner breit aufgestellten, zukunftsorientierten Wirtschaft und niedrigen Verschuldung ein vergleichsweise sehr geringes Investitionsrisiko mit einem Risiko-Indexwert für Deutschland von 2,30 (Zahlen von 2021). Auch die wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie sowie die makroökonomischen Einflüsse von Ukraine-Krieg, steigenden Zinsen und hoher Inflation betreffen die europäischen Länder unterschiedlich stark. Für Spanien bleibt eine Risikoeinschätzung von 3,50, für Frankreich von 3,20, für das Vereinigte Königreich von 2,70. Deutschland bleibt im europäischen Vergleich für Wohninvestments der sichere Hafen.
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