Seit der Corona-Pandemie zeigt sich am deutschen Büromarkt ein deutlicher Rückgang des Flächenumsatzes. Diese Entwicklung resultiert aktuell im Wesentlichen aus zwei Faktoren: einer konjunkturellen Schwächephase und einem strukturellen Wandel der Nachfrage. Eine Untersuchung von Cushman & Wakefield, einem der größten Immobilienberatungsunternehmen weltweit, analysiert anhand von mehr als 100 seit 2022 vom Unternehmen betreuten Mietverträgen, wie sich die Flächennachfrage der Nutzer verändert hat.
Büroflächenumsatz in den Top-5-Märkten
Mit dem Beginn der Pandemie und der darauffolgenden konjunkturellen Schwächephase ist der Büroflächenumsatz in den Top-5-Märkten stark gesunken. Im Jahr 2023 lag der Umsatz bei 2,08 Mio. m², etwa 28 Prozent unter dem 10-Jahresschnitt. Trotz eines Anstiegs der konjunkturellen Stimmungsindikatoren wie der ZEW-Konjunkturerwartung seit Herbst 2023 oder des ifo-Geschäftsklimaindex seit Frühjahr 2024 herrscht weiterhin nachfrageseitige Zurückhaltung auf dem Büromarkt.
Insbesondere bei großflächigen Abschlüssen ab 5.000 m², deren Flächenumsatz 2023 um 55 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der vorherigen fünf Jahre gesunken ist, ist weiterhin eine deutliche Zurückhaltung zu verzeichnen. Für die kommenden Jahre wird eine leichte Belebung der Büroflächennachfrage erwartet, allerdings wird sie weiterhin unterdurchschnittlich bleiben. Für stärkere Ausschläge am Markt wird eine spürbare Belebung bei den Großabschlüssen benötigt.
„Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Arbeitsmarktentwicklung und dem Büroflächenumsatz. Das ifo-Beschäftigungsbarometer zeigt eine Korrelation von 0,75 mit dem Flächenumsatz im Zeitraum 2006 bis 2024. Seit Beginn der Pandemie liegt die Korrelation jedoch nur noch bei 0,53, was auf die zunehmende Bedeutung anderer Einflussfaktoren wie der veränderten Arbeitsorganisation hinweist. Das spiegelt sich in neu abgeschlossenen Mietverträgen wider“, erläutert Helge Zahrnt, Head of Research & Insight Germany.
Nachfrageänderungen: Flight to Quality = Weniger Fläche, bessere Qualität
„Die Analyse zeigt, dass Büronutzer bei einem Standortwechsel im Durchschnitt 19 Prozent weniger Fläche anmieteten. Die Fläche pro Beschäftigten, dem zentralen Hebel für Flächeneffizienz, ist ebenfalls gesunken: um 11 Prozent über alle auswertbaren Mietverträge hinweg. Werden nur diejenigen Nutzer betrachtet, die an ihrem neuen Standort Effizienzvorteile bei der Fläche erreichen wollen, die also ihre Fläche pro Mitarbeiter reduziert haben, steigt diese Zahl auf 31 Prozent“, ordnet Pierre Nolte, Head of Head of Offices & Leasing von Cushman & Wakefield Germany, die Zahlen ein. Die durchschnittliche Fläche pro Beschäftigten beträgt für diese Nutzer am neuen Standort 13,6 m², verglichen mit 19,7 m² am vorherigen Standort. Über alle Nutzergruppen hinweg sank die Fläche von 16,7 m² auf 14,9 m² pro Person.
Analyse von Büroumzügen
Die Untersuchung verdeutlicht zudem, dass die Desk Share Ratio (Anzahl der Arbeitsplätze zu Beschäftigten) am neuen Standort mit einem Wert von 0,79 niedriger als am alten Standort mit 0,88 ist. Zwei Drittel der analysierten Nutzer setzen im neuen Büro auf Desk Sharing, im Vergleich zu 36 Prozent am alten Standort. Dies zeigt, dass die Anzahl der Arbeitsplätze pro Mitarbeiter am neuen Standort reduziert wurde, was auf eine effizientere Flächennutzung hinweist. Diese Entwicklung geht einher mit einer zunehmenden Bedeutung von Hybrid-Office-Konzepten und Homeoffice.
Marktveränderungen: Spitzenmieten und Durchschnittsmieten
Trotz des gesunkenen Flächenumsatzes steigen die Spitzenmieten weiter an. Dieser Anstieg ist auf die gestiegene Nachfrage nach hoher Qualität und die gestiegenen Baukosten zurückzuführen. Die Spitzenmieten in den Top-5-Märkten haben sich seit 2014 deutlich erhöht. Beispielsweise lag die Spitzenmiete in München zum Ende der ersten Quartals 2024 bei monatlich 50 €/m², in Frankfurt bei monatlich 48,50 €/m2 und in Berlin bei monatlich 45 €/m². Dieser Anstieg spiegelt die hohe Nachfrage nach erstklassigen Immobilien mit Neubauqualität in besten Lagen wider.
Entwicklung der Durchschnittsmieten
Die Durchschnittsmieten haben in den vergangenen Jahren ebenfalls stark zugenommen, obwohl seit 2023 in einigen Märkten eine Stagnation oder sogar ein leichter Rückgang zu beobachten ist. Die gewichteten Durchschnittsmieten nach Gebäudequalität und Lage zeigen, dass die Mieten für erstklassige Gebäude (A-Qualität) und in zentralen Geschäftsvierteln (CBD) am höchsten sind. So notierte die Durchschnittsmiete in der Lagekategorie CBD für die Top-5-Märkte durchschnittlich bei monatlich 35 €/m² zum Ende des ersten Quartals 2024, während periphere Lagen und veraltete Gebäude (C-Qualität) nicht nur deutlich niedrigere Mieten aufwiesen, sondern auch ein geringeres Wachstum und teils sogar einen Rückgang.
Qualität und ESG-Kriterien
Der Anteil der Vertragsabschlüsse in Gebäuden mit erstklassiger Qualität ist von 31 Prozent im Jahr 2020 auf 38 Prozent im ersten Quartal 2024 gestiegen. Diese Tendenz zeigt ein wachsendes Interesse der Nutzer an hochwertigen Gebäuden, auch wenn dies höhere Mietpreise bedeutet. Der steigende Anteil der Vertragsabschlüsse in diese Immobilien ist ein klares Indiz für den Flight-to-Quality-Trend.
Nachhaltigkeitskriterien spielen bei der Büroanmietung eine zunehmend wichtige Rolle. Projektentwicklungen, die diese Kriterien erfüllen, sind besonders gefragt, was ebenfalls zu steigenden Mietpreisen führt. Gebäude, die diese Kriterien nicht erfüllen, müssen hingegen mit geringerer Nachfrage und Abschlägen bei der Miete rechnen.
„Der Büromarkt befindet sich im Wandel. Der Trend geht zu weniger, aber qualitativ hochwertigerer Fläche, getrieben durch die veränderte Arbeitsorganisation und den verstärkten Fokus auf ESG-Kriterien. Trotz eines erwarteten Wachstums der Bürobeschäftigten wird der Flächenbedarf durch effizientere Nutzungskonzepte wie Desk Sharing und Hybrid-Office reduziert. Die Nachfrage nach erstklassigen Büroflächen bleibt hoch, was die Spitzenmieten weiter steigen lässt. Diese strukturellen Veränderungen werden den Büromarkt auch in den kommenden Jahren prägen“, fasst Tina Reuter, Head of Germany von Cushman & Wakefield, die Ergebnisse zusammen.